Περίληψη: | Paulinus von Nola steht heute im Schatten verschiedener Zeitgenossen, die ihn im Laufe der Jahrhunderte an Bekanntheit überrundet haben. Doch zu Lebzeiten suchten Autoritäten wie Augustinus von Hippo, Ambrosius von Mailand und Hieronymus den Kontakt zu dem gallorömischen Aristokraten, der sich in der zweiten Hälfte des 4. Jahrhunderts zu einem Christentum asketischer Prägung bekehrte, eine vielversprechende Beamtenkarriere abbrach, seine umfangreichen Ländereien verkaufte und nach Nola in Kampanien zog, um dort ein Leben im Dienste Christi zu führen. Paulinus stellt damit eine Schlüsselfigur für das Verständnis der Umbrüche, Transformationen und Kontinuitäten seiner Zeit dar, die mit der reichsweiten Verbreitung des Christentums, dem Aufkommen der Reliquienverehrung und dem Erstarken monastischer Bewegungen die Grundlegung fundamentaler Elemente der europäischen Kultur des Mittelalters und der Neuzeit sah. In Nola lag der heilige Felix bestattet, der dort im 3. Jh. als confessor und Bischof gewirkt hatte. Schon vor Paulinus’ Ankunft hatte sich deshalb eine lokale Heiligenverehrung etabliert. Paulinus baute die Stätte prächtig aus: Er renovierte bestehende Gebäude und errichtete eine neue Basilika; auch Unterkünfte für Pilger wurden eingerichtet. Zusätzlich zu den Gebeinen des heiligen Felix beschaffte Paulinus die Reliquien berühmter Märtyrer. Mit diesen Maßnahmen schuf Paulinus die materiellen Voraussetzungen dafür, aus Nola einen bedeutenden Pilgerort in Italien zu machen. Nun aber musste das Zentrum beworben werden; potenzielle Besucher mussten erfahren, was es bei Paulinus zu sehen und zu erleben gab und weshalb sich eine Reise nach Nola zum heiligen Felix lohnte. Die Dissertation zeigt an einer Vielzahl von Beispielen auf, wie Paulinus in den Briefen an seine christlich-aristokratischen Bekannten die Vorteile und den zu erwartenden (himmlischen) Gewinn eine Pilgerreise nach Nola mit sich brachte. Am Todestag des Felix fand in Nola das Fest zu Ehren des Heiligen statt. Für diesen für ihn wichtigsten Tag im Jahr verfasste Paulinus jährlich ein Natalicium, in dem er aktuelle Wundertaten des Heiligen erzählte und das er vor versammelter Festgemeinde vortrug. Auch diese Gedichte, von denen uns 14 erhalten sind, spielen eine tragende Rolle in Paulinus’ Werbestrategie: Die Dissertation zeigt auf, wie der provinzielle Heilige in ihnen als mächtiger patronus im Dies- und Jenseits konstruiert wird. Diese Facetten der Werbung für das Pilgerzentrum in Nola und seinen endemischen Heiligen werden ergänzt durch Beobachtungen dazu, wie Paulinus sich selbst als Asketen, Dichter und Freund inszeniert und damit auch die eigene Person zum Gegenstand seiner Werbung macht. Dabei wird deutlich, dass Paulinus repräsentativ ist für die theoretische und praktische Etablierung der Heiligenverehrung und des Reliquienkultes und so zusammen mit Gesinnungsgenossen wie Ambrosius von Mailand, Victricius von Rouen und Sulpicius Severus am Anfang einer umfassenden und zukunftsweisenden Bewegung steht, die von der Spätantike über das Mittelalter bis zur Gegenwart reicht.
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